Spezialist für Rehwild
Wir haben das ID Classic Geschoss von RWS Munition getestet, das ideal für die Jagd auf Rehwild und anderes leichteres Wild sein soll. Aber wie hat es sich in der Praxis auf dem Schießstand und im Revier bewährt?
Das RWS ID Classic ist nicht nur auf den ersten Blick ein interessantes Geschoss aufgrund seiner ungewöhnlichen Konstruktion, sondern es hat auch eine bewegte Geschichte. Diese reicht bis in die späten 1910er und frühen 1920er Jahre zurück, als die Munitionsfabrik Brenneke das TIG-Geschoss (Torpedo Ideal Geschoß) mit seiner charakteristischen torpedoförmigen Gestalt auf den Markt brachte, was sich auch im Namen widerspiegelt. Das Geschoss gewann unter Jägern an Beliebtheit und Brenneke stellt es bis heute her. 1972 wurde die Produktion auf Basis einer Lizenz an RWS übertragen, welche es in ihre Munitionsportfolios einfügte. Die Zusammenarbeit setzte sich bis 2006 fort, als Brenneke sich weigerte, die Lizenz zu verlängern. RWS führte die Produktion jedoch fort, änderte lediglich den Namen in ID Classic. Es folgte eine Klage und eine etwas hinter den Kulissen ausgetragene Einigung. Das Ergebnis war, dass RWS weiterhin produzieren darf. Daher wird das Geschoss von der Jagdgemeinschaft manchmal noch als TIG bezeichnet und häufig stellt sich die Frage, welches der beiden Geschosse besser ist. Diese Debatte lassen wir in diesem Artikel jedoch beiseite und konzentrieren uns darauf, was dieses hundertjährige Geschoss den heutigen Jägern zu bieten hat.
Zwei Kerne
Zum Zeitpunkt seiner Entstehung handelte es sich um ein konstruktiv gewagtes Geschoss, das gleich zwei Kerne besitzt. Beide bestehen aus einer Bleilegierung, wobei der vordere Kern weich ist, während der hintere eine deutlich höhere Festigkeit aufweist und gleichzeitig fest mit dem Mantel verbunden ist. Der Mantel besteht aus weichem Stahl, der mit einer dicken Nickelschicht überzogen ist, um den Laufverschleiß zu reduzieren. Der Mantel verjüngt sich zur Spitze hin, um eine kontrollierte Deformation zu ermöglichen. Es handelt sich hierbei um ein Teilmantelgeschoss mit freiliegendem vorderen Kern. Die Spitze liegt in ihrer Form irgendwo zwischen einer scharfen "Spitzer"-Spitze und einer abgerundeten RN (Round Nose). Aufgrund der Form und der geringen Querschnittsdichte erreicht das Geschoss allerdings keine herausragenden Werte beim ballistischen Koeffizienten. Im Kaliber .308 hat es zum Beispiel nur einen schwachen BC von 0,303. Der Mantel weist eine deutliche Schnittkante und eine Rille auf, in die bei der Wiederladung der Rand der Hülse geklemmt werden kann. Die ungewöhnlich geformte "Torpedo"-Rückseite des Geschosses soll zusätzliche Stabilisierung beim Schießen auf größere Distanzen bieten.
Die Idee hinter dem Doppelkern ist, dass das vordere weiche Kernmaterial beim Durchdringen von Gewebe leicht verformt wird und dem Ziel genügend Energie überträgt, während der hintere Kern am Mantel haften bleibt und aufgrund seines Gewichts die Struktur tief in die Kammer treibt. Das Geschoss wird in einer relativ begrenzten Auswahl an Varianten hergestellt, insbesondere im Kaliber .308 mit einem Gewicht von 150 gr, im Kaliber .323 ("Acht-Millimeter") mit 198 gr und im Kaliber .284 ("Sieben-Millimeter") in zwei Gewichten: 162 und 177 gr. Nicht viel Auswahl, aber wenn man die Kaliber .243 und .264 außer Acht lässt, sind alle wichtigen Kaliber vertreten. Es ist jedoch etwas schade, denn das ID Classic eignet sich besonders für schwächeres Wild, und dort macht die Kombination mit kleineren Kalibern definitiv Sinn. RWS bietet sowohl Einzelgeschosse als auch Fabrikmunition an, die in speziellen Boxen erhältlich sind. Das Geschoss ist für die Jagd auf mittleres und leichtes Wild vorgesehen, ideal für Rehwild und kleinere Wildschweine. Für große Wildschweine oder gar Trophäenhirsche und Muffelwild ist es jedoch nicht die beste Wahl.
Es handelt sich zwar nicht um ein explizites „Scharfschützen“-Geschoss, aber unser Schießtest hat gezeigt, dass es definitiv das Potenzial für mehr als ordentliche Präzision besitzt.
Auf dem Weg zum Schießstand
Ich hatte die Gelegenheit, in der Praxis die Variante im Kaliber .308 mit einem Gewicht von 150 Grains zu testen, die ich in eine .308 Win Patrone wiedergeladen habe. Beim Wiederladen gibt es keine besonderen Herausforderungen. Lediglich die recht kurze Schulterauflage könnte etwas die Möglichkeiten einschränken, was das Spielen mit der optimalen Setztiefe angeht. Die Spitze verformt sich weder beim Wiederladen noch bei der normalen Handhabung. Ich habe drei Konfigurationen getestet, und zwar mit zwei verschiedenen Pulverladungen des Lovex D073-06 Pulvers und zwei unterschiedlichen Setztiefen. Die beste Präzision erzielte ich mit einer Pulverladung von 46,5 Grains in Kombination mit einer Standard-Setztiefe von 71,1 mm, was bei der Kammer meines Gewehrs zu einem „Jump“ von etwas über 1 mm führt. Laut dem Programm GRT erreicht das Geschoss eine Geschwindigkeit von 797 m/s und eine Energie von 3.086 J. Das Wetter auf dem Schießstand ermöglichte es leider nicht, die Geschwindigkeit in der Praxis zu messen, aber basierend auf meiner Erfahrung mit dem gewählten Pulver schätze ich, dass sie ein paar Prozent höher ist als das, was das Programm ausgibt.
Für die Tests habe ich ein Ruger American Predator Gewehr mit einem 457 mm langen Lauf verwendet, montiert auf einem schweren Dreibein und mit einem unterlegten Schaftbeutel. Zum Vergleich: Mit dieser Waffe war ich bisher in der Lage, mit gut abgestimmter Munition einen Streukreis von 18 mm auf 100 Meter zu erreichen. Wie schnitt RWS im Vergleich ab? Mehr als anständig! Der Streukreis auf 75 Meter betrug 19 mm (gemessen von Zentrum zu Zentrum, Fünf-Schuss-Serie mit Ausschluss des schlechtesten Treffers). Das würde auf der Standarddistanz von 100 Metern einem Streukreis von etwa 22-23 mm entsprechen.
Es muss betont werden, dass mit umfangreicherer Abstimmung und einem hochwertigeren Pulver möglicherweise etwas bessere Ergebnisse erzielt werden könnten. Persönlich denke ich jedoch, dass sich das Geschoss in dieser Waffe überdurchschnittlich gut eingefügt hat, was jedoch, wie so oft, nicht für jeden gelten wird. Das Verhalten beim Schießen ist normal (unter Berücksichtigung des kürzeren Laufs). Erwähnenswert ist, dass die Schnittkante des Geschosses saubere, „ausgestanzte“ Einschusslöcher im Papier hinterlässt. Aber für uns Jäger ist das Papier nicht so wichtig – wichtiger ist, wie das Geschoss auf das Wild wirkt. Deshalb sind wir ins Revier gegangen.
Dank seiner speziellen Konstruktion expandiert das Geschoss bereitwillig, selbst bei niedriger Aufprallgeschwindigkeit, in Kombination mit leichterem Wild.
Fabrikmunition „IDs“
Wie ich bereits im Text angeschnitten habe, bietet RWS neben Einzelgeschossen auch Fabrikmunition an. Konkret handelt es sich um die Kaliber 7x57 mm, 7mm Rem Mag, 7x64 mm, 7x65mmR, .308 Win, .30-06, 8x57 JS und 8x57 JRS. Diese Auswahl wird besonders Jäger erfreuen, die zu klassischen mitteleuropäischen Kalibern neigen, aber weniger diejenigen ansprechen, die populäre „6,5 mm“ Kaliber bevorzugen. Es handelt sich allem Anschein nach um unkomplizierte und qualitativ hochwertige (wenn auch nicht unbedingt Spitzengeschosse) Munition. Laut Hersteller erreicht die Munition die Standardleistungen der jeweiligen Kaliber. Sie enttäuscht nicht, aber sie reißt auch niemanden vom Hocker, was sich auch in Bezug auf die Präzision sagen lässt. Was den Preis betrifft, so wird die 7x57 mm Patrone bei uns für 73,8 CZK pro Stück in einer Verpackungseinheit von 20 Patronen verkauft (zbrane-tobiasek.cz). Der Preis steigt dann bis zu 80 CZK pro Stück bei der 8x57 JRS.
Fabrikmunition 7x57mmR von RWS, geladen mit einem ID Classic Geschoss von 162 Grains.
Auf der Jagd mit dem "Klassiker"
Im Allgemeinen handelt es sich um ein Geschoss aus dem weicheren Spektrum, und auch die angepriesene Festigkeit hat ihre Grenzen. Wenn man damit auf etwas Großes und/oder Hartes schießt, wird das Geschoss wahrscheinlich fragmentieren. Bei normalen Geschwindigkeiten verhält sich das ID Classic ähnlich wie ein typisches Teilmantelgeschoss. Bei höheren Geschwindigkeiten beginnt es beim Aufprall „weicher“ zu werden und neigt zur Fragmentierung. Umgekehrt ist zu loben, dass es sich bei niedrigeren Geschwindigkeiten und angemessener Wildgröße korrekt verhält und eine entsprechende Deformation zeigt.
Es blieb also nichts anderes übrig, als diese Behauptungen in der Jagdpraxis zu überprüfen. Mit der oben genannten Konfiguration der .308 Win Patrone erlegte ich eine Sika-Hirschkuh mit einem Gewicht von etwa 30 kg. Es handelte sich also um einen nahezu idealen Kandidaten, bei dem das Geschoss glänzen sollte. Der Schuss wurde aus einer Entfernung von knapp 180 Metern abgegeben. Nach einer groben Berechnung sollte die Aufprallgeschwindigkeit etwa 635 m/s betragen. Der Schuss wurde aufgrund der Drehung des Stücks knapp hinter die Schulter platziert. Das Geschoss durchschlug den Brustkorb, traf Herz und Lunge, und es kam zu einem Ausschuss. Das Stück brach fast lehrbuchmäßig im Feuer zusammen, und als ich es erreichte, zeigte es keine Lebenszeichen mehr. Der Grad der Blutung ist ohne Flucht schwer zu beurteilen. Der Einschuss war kaum sichtbar und nicht blutverschmiert, während der Ausschuss sicher eine Spur hinterlassen hätte. Den Grad der Wildbretzerstörung würde ich als leicht überdurchschnittlich bewerten. Die Austrittsseite war stärker gequetscht, und die Austrittswunde war ebenfalls etwas „gewaltsamer“. Allerdings fand ich beim Zerwirken keine Geschossfragmente.
Beim praktischen Jagdtest kam es zum klassischen „Fallen im Feuer“, allerdings auf Kosten einer etwas stärkeren Beschädigung des Wildbrets.
Das RWS ID Classic Geschoss im Kaliber .308 und einem Gewicht von 150 Grains, in seiner charakteristisch geformten Schönheit.
Es ist wichtig zu betonen, dass man aus einem erlegten Stück keine allgemeinen Schlussfolgerungen ziehen kann, aber die Ergebnisse geben zumindest einen groben Hinweis. Wenn ich die Meinungen derer zusammenfasse, die längere Erfahrungen mit diesem Geschoss haben, wird die terminale Wirkung auf Wild in angemessener Größe sehr positiv bewertet, selbst bei etwas schlechter platzierten Schüssen. Das Wild bricht in der Regel im Feuer oder fällt unweit der Schussstelle. Der Ausschuss variiert. Was den Wildbretverlust betrifft, gehen die Meinungen jedoch stark auseinander. Einige loben den geringen Fleischverlust ohne Blutergüsse, andere verwenden Begriffe wie „brutale Zerstörung“, was stark von der Aufprallgeschwindigkeit abhängt. Bei größerem Wild verliert das Geschoss jedoch schnell an Leistung, und um des Wildes willen sollte man es besser nicht ausprobieren.
Das Geschoss kann im Allgemeinen als gute Wahl für die Jagd auf leichteres Wild eingestuft werden, insbesondere auf Rehwild oder den Abschuss von Jungtieren des Schwarzwilds sowie auf jegliche Schädlinge und Kleinwild. Die fehlende Universalität für den Abschuss von größerem Wild wird jedoch vielen Jägern fehlen. Zudem ist das Geschoss nicht zu empfehlen in Kombination mit Hochgeschwindigkeitsmunition, da das Risiko der Fragmentierung steigt. Der ballistische Koeffizient und die Querschnittsdichte sind nicht besonders beeindruckend, und schließlich müssen wir noch die Frage des Preises erwähnen. Dieser bewegt sich im oberen Bereich, und ein Geschoss kostet je nach Kaliber 32-37 CZK (Verpackungseinheiten zu 50 Stück). In der von uns getesteten Variante .308“/150 gr betrug der Preis 33,5 CZK pro Stück. Das ist ziemlich viel, besonders im Vergleich zu anderen Geschossen mit ähnlichem Einsatzzweck. Zum Beispiel kostet ein Nosler Ballistic Tip Hunting .308“/150gr etwa 21 CZK pro Stück. Auf Grundlage meiner eigenen Erfahrung würde ich es in allen Parametern als etwas besser bewerten, und gleichzeitig handelt es sich um ein vielseitigeres Geschoss, das auch für ausgewachsenes Schwarzwild geeignet ist. Dies ist ein Vorteil, den das ID Classic nicht vorweisen kann.
Das RWS ID Classic Geschoss kann im Geschäft STROBL.cz s.r.o. gekauft werden. Weitere Informationen finden Sie auf strobl.cz oder auf der Webseite des Herstellers rws-ammunition.com.
Bildquellen: Archiv des Autors, Herstellerunterlagen
Autor: Tomáš Prachař
Der Artikel wurde ursprünglich in der Zeitschrift Lovec von Extra Publishing veröffentlicht.
Vorteile / Nachteile
+ gute Präzision
+ Jahrzehnte lang bewährte Konstruktion
- Preis-Leistungs-Verhältnis ist nicht optimal
- geringer ballistischer Koeffizient
- nicht geeignet für größeres Wild
.308 Win Patrone, wiedergeladen mit einem ID Classic Geschoss, im Vergleich zu einem einfachen militärischen FMJ-Geschoss.